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Das interne Ökosystem

ergomax-ons-interne-ecosysteemEine gute Wirksamkeit des Magen-Darm-Trakts ist essentiell wichtig für ein gesundes Leben und die Darmflora spielt dabei eine große Rolle. Die Darmflora, auch Mikrobiom genannt, besteht aus einer großen Anzahl Bakterien, mit einer Anzahl Zellen, die die Anzahl der menschlichen Körperzellen um ein zehnfaches übersteigt. Das Mikrobiom ist bekannt als eines der komplexesten Ekosysteme der Welt und es hat eine weitreichende physiologische und metabole Einfluss und Wirksamkeit. Diese Funktionen und die damit verbundenen Aktivitäten sind mit der Wirkung eines Organs zu vergleichen. Darum wird das Mikrobiom auch das “vergessene Organ“ genannt.

Eine gesunde Darmflora besteht aus heutzutage aus etwa 1000–1150 Bakteriensorten und dies betrifft etwa 1-3 % des totalen Körpergewichts. Die Bakterien im Darm bestehen zu 99 % aus grampositiven anaeroben Bakterien. Anaerobe Bakterien benötigen im Gegensatz zu aeroben Bakterien keinen Sauerstoff  um zu leben und zu wachsen. Dieser Unterschied wurde im 19ten Jahrhundert durch den gut bekannten Louis Pasteur, den Entdecker der Pasteurisierung, festgesetzt und geformt aus negativ griechischem a(n)- + aerobe (vgl. “Aerobics”).

Da das lokale Milieu in verschiedenen Teilen des Magen-Darm-Kanals in jedem Segment verschiedene individuelle Bakterien in unterschiedlichen Anzahlen enthält ist dieses Milieu an verschiedenen Stellen im Darm unterschiedlich.  Wenn dieses Equilibrium der Darmflora gestört wird, dann sorgt das für einen Downstream-Effekt (stromabwärts) auf die anderen Systeme im Körper. Der Mensch kann im Prinzip auch ohne Darmflora überleben, aber dies wäre natürlich nicht ohne Konsequenzen.

Obwohl dieses (Öko-) Ekosystem sehr komplex ist, findet in ihm eine strenge Regie statt. Direkt nach der Geburt kommen auf eine organisierte Art und Weise Bakterien im Darm zurecht. Die Diversität ist anfangs sehr gering, aber sie nimmt zu mit dem Älterwerden und Wachsen. Das Microbiom  einer erwachsenen Person ist individuell einzigartig, konstant an Veränderungen ausgesetzt und immer kontextabhängig. Um einen Eindruck zu bekommen von dieser Komplexität ist die Zahl von rund 400 Millionen verschiedener Variablen, wie beispielsweise die Sorten, die Anzahlen und die Positionen etc. aussagekräftig.

Das Mikrobiom ist ein Ergebnis der Symbiose zwischen dem Wirt und der Darmflora und es ist ein essentieller Bestandteil für den Erhalt der Homöostase in einem gesunden Menschen. Bakterien versorgen den Gastgeber mit wichtigen Nährstoffen wie Vitaminen, aber auch Stoffen wie Endocannabinoiden und Serotonin, einem Neurotransmitter. In Gegenleistung versorgt der Wirt die Bakterien mit Nährstoffen und bietet eine sichere Umgebung. Die Bakterien und der Mensch sind also aufeinander eingespielt und angewiesen und haben beide Vorteil bei dieser Symbiose. Es ist eine Art von Mikroevolution.

Geschichte

Am Ende des 17. Jahrhunderts entdeckte Antoni van Leeuwenhoek, ein Mikrobiologe aus den Niederlanden als wahrscheinlich erster Mensch eine neue Welt kleiner Zellen durch sein selbstgebautes Mikroskop, während er damit beschäftigt war, sein eigenes Zahnfleisch zu untersuchen. Zu diesem Zeitpunkt hätte er sich wohl nicht träumen lassen, dass diese Milliarden Mikroben einige Jahrhunderte später eines der meistbesprochenen Themen der (Mikro-) Biologie sein würden.

Nobelpreis Gewinner Élie Metschnikow entdeckte kurz danach im Jahr 1907, dass regelmäßige Einnahme von Milchsäurebakterien aus fermentierten Milchprodukten einen Effekt hatte auf das Leben von Menschen in bulgarischen Dörfern. Seine Schlussfolgerung: “the dependence of the intestinal microbes on the food makes it possible to adopt measures to modify the flora in our bodies and to replace the harmful microbes by useful microbes”. Dies ist auch in der Retrospektive zu 100% korrekt,

Der Term Probiotika wurde im Jahr 1965 erstmals genannt in 1971 und in 1974 in Veröffentlichungen erneut besprochen. In 1989 wurde die ursprüngliche Definition angepasst durch Fuller und seitdem ist es dies in etwa die heutige Definition.

Erst im  Jahr 2001 erfand Joshua Lederberg, ein Nobelpreis-Biologe, den Term “Mikrobiom” mit dem er die Milliarden Mikro-Organismen in unserem Körper neu benannte. Dieser Trend hat sich seitdem immer weiter entwickelt und das Wissen zu Probiotika nimmt immer noch weiter zu. Heutzutage bringt dieser Suchbegriff tausende Suchergebnisse bei Google und die Wirkung der Darmbakterien wird inzwischen an die verschiedensten körperlichen Zustände gelinkt. Zwischen 2007 und 2012 ist die Anzahl veröffentlichter Artikel zum Mikrobiom sogar mit 250% gestiegen. Die kleinen Helfer in unserem Körper werden als Ursache und als Retter bei einer breiten Skala an Indikationen gesehen.

Kommensalismus

Heutzutage kommt der Term “kommensale Flora” auch regelmäßig in der Literatur vor. Dies ist ein weiterer Name für die Darmflora und Mikrobiom. In 1876 bedachte Pierre-Joseph van Beneden den Term Kommensalismus, der vom lateinischen Wort “commensal” abstammt, was “Essen am selben Tisch” bedeutet.

In der Biologie wird Kommensalismus als Beziehung zwischen zwei Sorten definiert, bei der die eine Sorte von der anderen Sorte profitiert ohne ihr zu schaden oder sie positiv zu beeinflussen, also im Prinzip besteht eine nicht-schädliche Zusammenarbeit.

Auf der Basis von dieser Information könnte man schlussfolgern, dass dies nicht der korrekte Term ist, um die Mensch-Mikrobiom-Beziehung zu beschreiben. Es gibt nämlich durchaus eine positive und manchmal auch eine schädliche Interaktion zwischen Wirt und Bakterien.  Eine treffendere Beschreibung ist darum der Term Mutualismus, denn er legt den Akzent auf eine interaktive, einander beeinflussende Zusammenarbeit. Mutualismus ist eine Form von Symbiose oder auch ein langfristiges Zusammenleben verschiedener Sorten.

Prebiotika

Nahrungs-Erzeugnisse mit lebenden Bakterien, die die Därme durchwandern, haben nicht nur eine probiotische Wirkung, sondern auch oft eine prebiotische Wirkung. Prebiotika sind besondere Formen von nicht verdaulichen Fasern die die Darmbakterien ernähren. Marcel Roberfroid entdeckte diese Gewebesorte zum ersten Mal im Jahr 1995 und er beschrieb sie in 2007 wie folgt: “Ein Prebiotikum ist eine selektiv fermentierte Ingredienz, die spezifische Anpassungen ermöglicht, sowohl in der Zusammenstellung als auch in der Aktivität der Darmflora und somit dem Wirt von Vorteil sein kann.”

Prebiotika werden umgewandelt in kurzkettige Fettsäuren, auf Englisch short-chain fatty acids (SCFAs). Die Produktion dieser Fettsäuren durch die Darmflora ist ein andere interessanter Aspekt in dieser Mensch-Bakterien-Beziehung. Mit vielen biologischen Funktionen im Darm sind Butyrat, Acetat und Propionat als Endprodukt die bekanntesten und am häufigsten vorkommenden Fettsäuren.

Bekannte Formen von Prebiotika sind Oligosaccharide wie Galactooligosaccharide (GOS), Fructooligosaccharide (FOS), Mannanoligosaccharide (MOS) und Chitooligosaccharide (COS). Auch Speisestärke, Nüsse und unreife Bananen sind ausgezeichnete Quellen (resistant starch).

Der Blinddarm, ein Organ ohne Funktion?

Generationen lang dachte man, dass der Blinddarm ein Organ ohne Funktion war und lediglich ein Überbleibsel unserer Evolution sei. Unter anderem, da man prima ohne dieses Stück des Darms überleben kann. Dieses wurmförmige Teil des Darms wird oft chirurgisch entfernt im Falle einer potentiell lebensgefährlichen Blinddarmentzündung.

Vor nicht allzu langer Zeit ist man allerdings zu neuen Erkenntnissen gekommen und so scheint der Blinddarm doch eine wichtige Funktion zu übernehmen. Er scheint nämlich als eine Art Reservoir für die Bakterien der Darmflora zu fungieren für den Fall dass diese abstirbt. Dies kann beispielsweise bei ernsthaften Infektionen vorkommen, oder bei Cholera oder Dysenterie.

Die Rolle des Blinddarms ist darum die einer Reserveabteilung, die strategisch schlau, etwas außerhalb der normalen Stromlinie des Darm liegt. Gute Bakterien können sich hier ansiedeln und die Därme neu bekolonisieren wenn es nötig ist. Ferner funktioniert der Blinddarm wahrscheinlich auch als eine Art Bakterienfabrik in der gute Bakterien geformt werden. Diese Funktionen sind wahrscheinlich so lange Zeit unentdeckt geblieben, da sie in der Welt von heute nicht tagtäglich notwendig sind.  In den dicht bevölkerten Gebieten sorgt der Kontakt von Menschen untereinander automatisch für eine Neukolonisierung des Darms, wenn das Mikrobiom abstirbt.

In der Vergangenheit konnte das Neukolonisieren des Darms in den Zeiten von Epidemien nicht so einfach geschehen und dann kam der Blinddarm zum Einsatz. In manchen Ländern in abgelegenen Gebieten ist es sehr plausibel, dass der Blinddarm ebendiese Rolle immer noch erfüllt.

Darmflora

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